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Auf der Suche nach Meteoriten in der Antarktis

Meteoriten zu finden ist keine leichte Aufgabe. Dennoch war ein Team von Forschenden, darunter NCCR PlanetS-Mitglied Prof. Maria Schönbächler von der ETH Zürich, auf einer Expedition erfolgreich. Ihr Geheimnis? Sie reisten in die Antarktis, wo sie zwischen Dezember 2022 und Januar 2023 mehrere neue Meteoriten fanden, darunter ein einzigartiges Exemplar mit einem Gewicht von 7,6 Kilogramm.

Die Besatzung umzingelt den neu gefundenen 7,6 kg schweren Meteoriten.

Auf der Suche nach der Nadel im Heuhaufen

Man kann sich fragen, warum das Wissenschaftsteam – es setzte sich aus Mitgliedern aus der Schweiz, Belgien und den USA zusammen – sich entschied, in die Antarktis zu gehen und nicht anderswo nach Meteoriten zu suchen. Es gibt mehrere gute Gründe. Erstens: Wer nach etwas sucht, das wie ein normales Gestein aussieht, von einer dunklen Kruste abgesehen, für den ist eine Wüste ein idealer Ort, um ein grosses Gebiet auf einmal abzusuchen und so potenzielle Meteoriten zu identifizieren. Aus diesem Grund gehören Wüsten wie die Sahara normalerweise zu den bevorzugten Jagdgebieten von Meteoritensuchern. Dennoch ist es immer noch wie die Suche nach der Nadel im Heuhaufen, denn in der Wüste gibt es viele Steine.

Andererseits lässt die Eis- und Schneeschicht der Antarktis mit ihrer weiss-blauen Farbe jedes Gestein als Anomalie hervorstechen – ein zusätzlicher Grund für die Forschenden, trotz des rauen Klimas dorthin zu gehen. Schliesslich transportieren die Bewegungen der Gletscher Steine mit sich, darunter auch Meteoriten, die auf die Gletscher fielen. An besonderen Orten, an denen die Eisschicht langsam durch Winde erodiert wird, tauchen die Steine und Meteoriten wieder auf und sammeln sich in Moränen an. Dies ist ein guter Ort, um nach Meteoriten zu suchen.

Blaue Eisfelder sind eine weitere Art relativ seltener Gebiete (1 % der Antarktisoberfläche), die durch windgetriebene Erosion entstanden sind. Ebenso eignen sich diese Regionen ideal für die Suche nach wertvollen Meteoriten.

Kampf gegen die Elemente

Das Ziel des Teams bestand vor allem darin, anhand von Satellitenbildern in der Nähe der belgischen Forschungsstation Princess Elisabeth nach neuen potenziellen Konzentrationsgebieten zu suchen. Der Kontinent am Südpol ist jedoch keine sehr gastfreundliche Gegend. Dennoch konnten die Forschenden auf Alain Hubert von der International Polar Foundation zählen, einen erfahrenen Entdecker, der die Region gut kennt. Er inspizierte zunächst die potenziellen Gebiete, um die Sicherheit der Expedition zu gewährleisten. Die Forschenden absolvierten ausserdem eine Gletscherspaltenschulung und Manu Poudelet, ein internationaler Polarführer, führte sie sicher durch das Feld.

Die Besatzung absolvierte ein Gletscherspaltentraining, da sie bei der Erkundung der Region eine grosse Gefahr sind, insbesondere wenn sie unter einer Schneeschicht verborgen sind, wie Alain Hubert in diesem Video erklärt.

Die Position der Forschungsstation Princess Elisabeth in der Antarktis. Ⓒ2023 Google Maps

Von der Forschungsstation bis zum etwa sechzig Kilometer entfernten ersten Zielgebiet musste das Team mit seinen Schneemobilen vorsichtig durch die Schneedünenlandschaft fahren, grosse Umwege machen, um gefährliche Bereiche mit Gletscherspalten zu vermeiden, und nachts in den Eisfeldern campen.

Obwohl es in der Antarktis Sommer war, erreichte die Temperatur im Allgemeinen nicht mehr als -10°C und der Wind wehte während ihres Monats dort ziemlich regelmässig. Die Windstärke zwang die Besatzung sogar dazu, mehrere Tage in der Station zu bleiben.

An manchen Tagen verhinderten die Wetterbedingungen die Suche nach Meteoriten.

Ein lohnendes Glücksspiel

Diese anspruchsvolle Expedition hat sich am Ende für das internationale Wissenschaftlerteam gelohnt. Das Team konnte in einem der Suchgebiete fünf Meteoriten finden. Das Tüpfelchen auf dem i war der 7,6 Kilogramm schwere Brocken, der am letzten Tag, in der letzten Stunde der Suche, gefunden wurden. Es gab auch keinen Zweifel an der Beschaffenheit dieses Gesteins: Seine Oberfläche weist deutliche Anzeichen einer schwarzen Schmelzkruste auf, die auf die starke Erhitzung des Meteoriten beim Eintritt in die Atmosphäre zurückzuführen ist.

Weniger als 0,3 % der in der Antarktis entdeckten Meteoriten sind massereicher als dieser. Es handelt sich somit um einen aussergewöhnlichen Fund unter den über 40’000 Meteoriten, die in den letzten fünf Jahrzehnten der Erforschung in der Antarktis entdeckt wurden. Von den vier anderen, bescheideneren Meteoriten wiegt einer der faszinierendsten „nur“ 150 Gramm. Allerdings ist dieses Exemplar sehr dicht und hat eine eigenartige Form, die den Wissenschaftlern hinsichtlich ihrer Zusammensetzung Rätsel aufgibt. Alle Meteoriten wurden sorgfältig in spezielle Kisten mit Kühlkissen verpackt, um sie nach ihrer Rückkehr in Europa unter kontrollierten Bedingungen aufzuwärmen.

Man braucht schon geübte Augen, um einen Meteoriten wie diesen zu erkennen: ein dunklerer Stein in der Mitte von anderen.

Nur der Anfang

Die Meteoriten sind nicht die einzigen Objekte der Antarktis, welche die Besatzung im Gepäck mitbrachten. Die Expedition nutzte auch die Gelegenheit, feinkörnige Sedimente zu beproben. Sie wurden zu gleichen Teilen auf die verschiedenen beteiligten Institute verteilt und sollen auf der Suche nach Mikrometeoriten analysiert werden. Die fünf Meteoriten werden in Belgien kuratiert und stehen jedem an der Expedition beteiligten Institut für ihre Forschung zur Verfügung.

Einer der Vorteile von in der Antarktis gefundenen Meteoriten besteht darin, dass sie nach dem Einschlag normalerweise von Eis umgeben sind, das sie teilweise vor Veränderungen durch die Umwelt schützt, bis sie entdeckt werden. Dadurch können die Wissenschaftler das Alter und die Zusammensetzung der Meteoritenbesser bestimmen. Vermutlich stammen die Meteoriten aus dem Asteroidengürtel zwischen Mars und Jupiter und sind in der Regel älter als 4 Milliarden Jahre. Die meisten dieser Meteoriten sind seit ihrer Entstehungszeit noch unverändert und liefern uns somit eine Momentaufnahme der Entstehung des Sonnensystems. Darüber hinaus haben Meteoriten auch organische Verbindungen auf die Erde gebracht, die möglicherweise für die Entwicklung des Lebens von entscheidender Bedeutung waren. Das Auffinden und Analysieren weiterer Meteoriten könnte uns somit auch dabei helfen, die Ursprünge des Lebens besser zu verstehen.

Die Ziele der Mission wurden vollständig erreicht: Sämtliche Meteoriten wuren in einem einzigen von den sechs erkundeten Gebieten gefunden, was interessante Perspektiven für zukünftige Expeditionen in diesem Gebiet bietet. Die Forschenden freuen sich darauf, trotz der eher rauen Bedingungen eine weitere Expedition zu planen. Maria Schönbächler erzählt: „Die Antarktis ist noch weitgehend unberührt, es ist eine wunderschöne Eiswüste, die es zu erhalten gilt. Ich fühle mich privilegiert, dass ich es besuchen durfte.

 

Alle Bilder, sofern nicht anders angegeben, wurden zur Verfügung gestellt und sind Eigentum von Maria Schönbächler – ETH Zürich.

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