Erste Erkenntnisse zum Einschlag der DART-Mission
Am 27. September hat der weltweit erste gross angelegte Test zur planetarischen Verteidigung gegen mögliche Asteroideneinschläge auf der Erde sein Ziel erreicht. Forschende der Universität Bern und des Nationalen Forschungsschwerpunkts (NFS) PlanetS, die an der NASA-Mission Double Asteroid Redirection Test (DART) beteiligt sind, geben erste Einblicke.
Die letzten fünfeinhalb Minuten der Bilder vor der beabsichtigten Kollision des DART-Raumschiffs mit dem Asteroiden Dimorphos. Credits: NASA/Johns Hopkins APL
In den frühen Morgenstunden des letzten Dienstag hat der Double Asteroid Redirection Test (DART) der NASA sein Ziel erfolgreich erreicht. Die weltweit erste Technologiedemonstration zur Planetenverteidigung brauchte 10 Monate, um durch 11 Millionen Kilometer Weltraum zu fliegen und mit dem 160 Meter breiten Asteroiden Dimorphos zu kollidieren.
Vom Missionskontrollzentrum des Johns Hopkins Applied Physics Laboratory (APL) in Laurel, Maryland (USA), beobachteten Matrin Jutzi und Sabina Raducan vom Institut für Physik und dem NFS PlanetS der Universität Bern, die zum DART-Wissenschaftsteam gehören, das Spektakel.
Ein Haufen Schutt und Felsbrocken
“Ich war zu aufgeregt, um zu schlafen”, sagt Sabina Raducan am Morgen nach dem Aufprall. “Ja, ich habe auch nicht viel Schlaf bekommen. Das war schon etwas Besonderes”, stimmt Martin Jutzi zu. “Zum Glück war die Mission ein voller Erfolg.”
Für die beiden Forschenden ist der interessanteste Teil jedoch der, der jetzt kommt: die Analyse des Aufpralls. Sie haben in den letzten Jahren viel Zeit damit verbracht, Kollisionen wie die von DART zu simulieren.
“Im Gegensatz zu dem, was man sich unter einem Asteroiden vorstellt, zeigen direkte Beweise aus Weltraummissionen, dass Asteroiden eine sehr lockere innere Struktur haben können – ähnlich einem Schutthaufen – die durch Gravitationswechselwirkungen und kleine Kohäsionskräfte zusammengehalten wird”, sagt Raducan.
Frühere Simulationen des Einschlags der DART-Mission gingen jedoch meist von einem viel festeren Inneren des Asteroiden Dimorphos aus. “Dies könnte das Ergebnis des Zusammenstosses von DART und Dimorphos drastisch verändern: Anstatt einen relativ kleinen Krater zu hinterlassen, könnte der Einschlag Dimorphos vollständig verformen. Der Asteroid könnte auch viel stärker abgelenkt werden, und es könnten grössere Mengen an Material beim Einschlag herausgeschleudert werden, als bisher gechätzt”, so Raducan.
Ein preisgekrönter neuer Ansatz
“Einer der Gründe, warum dieses Szenario einer losen inneren Struktur bisher nicht gründlich untersucht wurde, ist, dass die notwendigen Methoden nicht zur Verfügung standen”, sagt Raducan. “Solche Einschlagsbedingungen können in Laborexperimenten nicht nachgestellt werden und der relativ lange und komplexe Prozess der Kraterbildung nach einem solchen Einschlag machte es bisher unmöglich, diese Einschlagsprozesse realistisch zu simulieren”, so die Forscherin.
“Mit unserem neuartigen Modellierungsansatz, der die Ausbreitung der Schockwellen, die Verdichtung und den anschliessenden Materialfluss berücksichtigt, waren wir erstmals in der Lage, den gesamten Kraterbildungsprozess bei Einschlägen auf kleinen Asteroiden wie Dimorphos zu modellieren”, sagt Raducan. Für diese Leistung wurde Raducan kürzlich von der Europäischen Weltraumorganisation ESA geehrt.
Ein vielversprechender erster Eindruck, der eine umfassende Analyse erfordert
Verständlicherweise sind Raducan und Jutzi sehr gespannt darauf zu erfahren, ob ihre Simulationen eine realistische Einschätzung waren. “Ausgehend von den letzten Bildern, die die Sonde vor dem Einschlag gemacht hat, sieht es so aus, als ob Dimorphos tatsächlich ein Haufen Schutt (und Felsbrocken) ist und kein fester Fels”, sagt Raducan mit einem Schmunzeln.
“Andere Hinweise, die diesen ersten Eindruck bestätigen, sind die Bilder, die Teleskope und der LICIACube-Satellit der italienischen Weltraumbehörde aufgenommen haben. Diese scheinen eine grosse Mengen an ausgeworfenem Material vom Einschlag zu zeigen, was auf eine eher lockere Zusammensetzung hindeuten würde”, sagt Jutzi. “Doch wir befinden uns noch in einem sehr frühen Stadium das noch keine endgültigen Schlüsse zulässt.”
In den kommenden Wochen werden weitere Bilder aus verschiedenen Quellen zur Verfügung stehen. Und im Jahr 2024 wird die ESA im Rahmen der Weltraummission HERA eine Raumsonde zu Dimorphos schicken um die Folgen des Einschlags der DART-Sonde visuell zu untersuchen.
“Um das Beste aus der HERA-Mission herauszuholen, müssen wir ein gutes Verständnis der möglichen Folgen des DART-Einschlags haben”, sagt Jutzi. “Unsere Arbeit an den Einschlagssimulationen fügt ein wichtiges potenzielles Szenario hinzu, das uns dazu zwingt, unsere Erwartungen in dieser Hinsicht zu erweitern. Dies ist nicht nur im Zusammenhang mit der Planetenverteidigung von Bedeutung, sondern fügt auch ein wichtiges Puzzleteil zu unserem Verständnis von Asteroiden im Allgemeinen hinzu”, so der Forscher abschliessend.
Zugehörige Publikationen:
Sabina D. Raducan and Martin Jutzi: Global-scale Reshaping and Resurfacing of Asteroids by Small-scale Impacts, with Applications to the DART and Hera Missions, The Planetary Science Journal, June 2022, https://iopscience.iop.org/article/10.3847/PSJ/ac67a7
Sabina D. Raducan, Martin Jutzi, Yan Zhang, Jens Ormö and Patrick Michel: Reshaping and ejection processes on rubble-pile asteroids from impacts, Astronomy & Astrophysics, September 2022, https://www.aanda.org/articles/aa/full_html/2022/09/aa44807-22/aa44807-22.html
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