Die Astronomin im Klassenzimmer
“Auf wie vielen Planeten war sie denn schon?”, fragten die 8- und 9-jährigen Schülerinnen und Schülern ihre Lehrerin. “Nun, sie ist Wissenschaftlerin und keine Astronautin, und Wissenschaftler bleiben im Allgemeinen auf der Erde”, antwortete die Lehrerin. Trotz der Enttäuschung, dass ich ihnen nicht von meinen Abenteuern auf anderen Planeten erzählen konnte, waren die Schülerinnen und Schüler der Berner Primarschule sehr gespannt darauf, mich, eine Doktorandin der Astronomie, zu treffen, um mir alle möglichen Fragen zu stellen.
Allerdings konnte ich bei weitem nicht jede Frage beantworten. Beispielsweise wollte eine Schülerin wissen, wie viele Sterne es denn in unserem Universum gibt. Die Kinder hatten teilweise auch schon beeindruckendes Vorwissen. Ein Schüler wusste etwa besser als ich, dass es fünf Zwergplaneten in unserem Sonnensystem gibt und konnte sie alle benennen.
Glücklicherweise kam ich nicht mit leeren Händen. Zunächst zeigte ich ihnen Bilder von Jupiters Eismond Europa, der das Hauptthema meiner Doktorarbeit ist. Ich erzählte ihnen, dass ich mich besonders für die linienähnlichen Strukturen auf Europa interessiere und erklärte, dass es sich dabei wahrscheinlich um Risse im Eis handelt, aber dass es noch viele unbeantwortete Fragen dazu gibt. Danach verliessen wir Europa und wandten unsere Aufmerksamkeit dem Mars zu.
Tatiana Drozhzhova, eine Wissenschaftlerin aus derselben Forschungsgruppe wie ich, die nicht nur einen Abschluss in Physik hat, sondern auch professionelle Wissenschaftsfilme für ein breites Publikum produziert, erstellte speziell für diesen Anlass ein Video mit Bildern der Marslandschaft gemacht mit dem Colour and Stereo Surface Imaging System (CaSSIS), das an der Universität Bern entwickelt wurde. Nach der Hälfte des Videos setzten die Schülerinnen und Schüler eine 3D-Brille auf, um für den Rest des Videos Anaglyphenbilder zu sehen, welche den Eindruck von einem Reliefbild erzeugen. Erstaunte Augen blickten mich durch rote und blaue Linsen an und als das Video zu Ende war, wollte niemand mehr die Brille abnehmen. Zum Glück hatten Tatiana und ich ein kleines Heftchen mit einem individuellen CaSSIS-Anaglyphenbild für jeden Schüler vorbereitet, dass sie zusammen mit der Brille mit nach Hause nehmen durften.
Nachdem sie eine halbe Stunde lang ruhig auf ihren Stühlen gesessen hatten, wollten die Schüler ein wenig freier mit mir interagieren. Die Hälfte der Schülerinnen und Schüler durfte zu einem Tisch mit von mir mitgebrachten Give-aways wie begehrten Aufklebern, Postkarten oder Broschüren mit Bildern gehen und sich etwas davon aussuchen. Die andere Hälfte beeindruckte mich mit ihren sehr kreativen Memoflip-Heften, in denen sie mit Malfarben und anderen Materialien Planeten und Monde unseres Sonnensystems gezeichnet hatten. Eine Schülerin zeigte mir ihr wunderschönes Bild des Neptunmondes Triton und erklärte mir mit leuchtenden Augen, dass sie bereits darüber nachdenkt, in ihrer Zukunft über Triton zu forschen, weil sie es interessant findet, dass dort Leben entstanden sein könnte. Das hat mir imponiert und ich stelle mir schon jetzt vor, wie ich in ein paar Jahren von ihr und von anderen begeisterten Mitschülern etwas über die Erforschung von Triton und über andere Forschungsthemen lesen werde.
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