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Ein genauerer Blick auf die Entstehungsgeschichte von Jupiter

Forschende der Universität Zürich (UZH) und des Nationalen Forschungsschwerpunkts (NFS) PlanetS haben die Entstehungsgeschichte des Jupiters detailliert untersucht. Ihre Ergebnisse legen nahe, dass sich der Riesenplanet weit von seinem Ursprung entfernt hat und auf seiner Reise grosse Mengen an Material gesammelt hat.

Jupiter, aufgenommen von der Raumsonde Juno. Bild: NASA/JPL

Eine der wichtigsten offenen Fragen auf dem Gebiet der Planetenforschung ist der Entstehungsgeschichte des Jupiters. Mit Hilfe ausgeklügelter Computermodelle haben Forschende der Universität Zürich (UZH) und des Nationalen Forschungsschwerpunkts (NFS) PlanetS diese nun detailliert untersucht. Ihre Ergebnisse wurden in der Fachzeitschrift The Astrophysical Journal Letters veröffentlicht.

Eine merkwürdige Anreicherung schwerer Elemente

Ravit Helled ist Professorin für Theoretische Astrophysik an der Universität Zürich und Mitglied des NFS PlanetS. Bild: Jos Schmid

Als die Galileo Mission 1995 eine Fallschirmsonde in die Jupiteratmosphäre absetzte, zeigte sie unter anderem, dass dort schwere Elemente (Elemente schwerer als Helium) angereichert sind. Gleichzeitig legen neuere Strukturmodelle des Jupiters, die auf Schwerefeldmessungen der Raumsonde Juno beruhen, nahe, dass das Innere des Jupiters nicht einheitlich ist, sondern eine komplexe Struktur aufweist.

“Wir wissen nun, dass das Innere des Jupiters nicht vollständig durchmischt ist. Daher würden wir erwarten, dass sich schwere Elemente im tiefen Inneren eines riesigen Gasplaneten befinden, da schwere Elemente vor allem in den frühen Stadien der Planetenentstehung akkretiert werden”, beginnt Studienkoautorin Ravit Helled, Professorin für Theoretische Astrophysik an der Universität Zürich und Mitglied des NFS PlanetS, zu erklären. “Erst in späteren Stadien, wenn der heranwachsende Planet ausreichend massereich ist, kann er effektiv grosse Mengen an Gasen mit leichten Elementen wie Wasserstoff und Helium anziehen. Ein Entstehungsszenario für Jupiter zu finden, das sowohl mit der vorhergesagten inneren Struktur als auch mit der gemessenen atmosphärischen Anreicherung übereinstimmt, ist daher eine grosse Herausforderung. Doch es ist entscheidend für unser Verständnis von Riesenplaneten”, sagt Helled. Von den vielen Theorien, die bisher vorgeschlagen wurden, konnte keine eine befriedigende Antwort geben.

Eine lange Wanderung

Sho Shibata ist Postdoktorand an der Universität Zürich und Mitglied des NFS PlanetS. Bild: Nana Shibata

“Unsere Idee war, dass der Jupiter diese schweren Elemente in den späten Phasen seiner Entstehung durch eine Migration gesammelt hat. Dabei bewegte er sich durch Regionen, die mit sogenannten Planetesimalen – kleinen Planetenbausteinen, die aus schweren Elementen bestehen – gefüllt waren, und reicherte sie so in seiner Atmosphäre an”, erklärt Hauptautor der Studie Sho Shibata, der Postdoktorand an der Universität Zürich und Mitglied des NFS PlanetS ist.

Die Migration allein ist jedoch keine Garantie dafür, dass sich das notwendige Material ansammelt. “Aufgrund komplexer dynamischer Wechselwirkungen nimmt der wandernde Planet nicht unbedingt die Planetesimale auf seinem Weg auf. In vielen Fällen verstreut der Planet sie stattdessen – nicht unähnlich einem Schäferhund, der Schafe vertreibt”, so Shibata. Das Team musste daher zahllose Simulationen durchführen, um festzustellen, ob bestimmte Wanderungspfade zu einer ausreichenden Materialakkretion führen.

“Wir fanden heraus, dass eine ausreichende Anzahl von Planetesimalen eingefangen werden könnte, wenn sich Jupiter in den äusseren Regionen des Sonnensystems bildete – in etwa der vierfachen Entfernung von der Sonne verglichen mit seinem jetzigen Standort – und dann zu seiner heutigen Position wanderte. In diesem Szenario bewegte er sich durch eine Region, in der die Bedingungen die Materialakkretion begünstigten – einem Akkretions-Sweetspot, wie wir ihn nennen”, so Sho.

Eine neue Ära in der Planetenforschung

Durch die Kombination der von der Galileo-Sonde und den Juno-Daten eingebrachten Kenntnisse haben die Forschenden endlich eine zufriedenstellende Erklärung gefunden. “Dies zeigt, wie komplex Gasriesenplaneten sind und wie schwierig es ist, ihre Eigenschaften realistisch zu reproduzieren”, betont Ravit Helled.

“Wir haben in der Planetenforschung lange gebraucht, um solche Details endlich mit aktualisierten theoretischen Modellen und numerischen Simulationen angehen können. Dies hilft uns nicht nur Lücken in unserem Verständnis von Jupiter und unserem Sonnensystem zu schliessen, sondern auch von den vielen beobachteten Riesenplaneten, die um ferne Sterne kreisen”, so Helled abschliessend.

Angaben zur Publikation: Enrichment of Jupiter’s Atmosphere by Late Planetesimal Bombardment, Sho Shibata and Ravit Helled 2022 ApJL 926 L37, https://iopscience.iop.org/article/10.3847/2041-8213/ac54b1

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