“First Light” für ESPRESSO
Der neue ultrahochauflösende Spektrograph ESPRESSO hat seinen ersten Stern erfolgreich beobachtet. ESPRESSO wurde von einem Konsortium unter der Leitung von Francesco Pepe, Professor am Institut für Astronomie der Universität Genf und Mitglied von PlanetS, entwickelt und am Very Large Telescope (VLT) der ESO in Chile installiert. Der Spektrograph wird nach winzigen Änderungen in der Geschwindigkeit von Sternen suchen, Zeichen für die Anwesenheit eines Planeten. Dies ist das erste Mal, dass ein Instrument Licht von allen vier 8-Meter-Teleskopen des VLT zusammenführen kann, was einer Maschine mit einem Durchmesser von 16 Metern entspricht.
Nach einer ziemlich turbulenten Reise von Genf nach Chile waren alle Kisten mit den ESPRESSO-Teilen gut auf dem Paranal angekommen (siehe September-Ausgabe des Observer: http://nccr-planets.ch/de/blog/2017/09/27/tschuess-espresso/). In nur zwei Monaten baute das gesamte Team den Spektrographen auf dem Paranal-Gelände wieder zusammen und testete ihn. Dabei waren vor den ersten Beobachtungen einige Anpassungen nötig.
Am 27. November, dem vorgesehenen Datum für „First Light“, traf sich das ESPRESSO-Team mit leitenden Vertretern der ESO, um den ersten Stern anzupeilen. Das neue Instrument gehört zur Nachfolgegeneration von HARPS, dem bis heute weltweit besten Spektrographen, der bei der Messung der Radialgeschwindigkeiten von Sternen eine Genauigkeit von bis zu 1 m/s erreicht. ESPRESSO kann eine Präzision von einigen Zentimetern pro Sekunde erlangen.
“Der Erfolg, der heute erzielt wurde, ist das Resultat der Arbeit vieler Beteiligten während 10 Jahren”, sagt Francesco Pepe, Astronom an der Universität Genf und verantwortlich für das Projekt: “ESPRESSO ist nicht nur die Weiterentwicklung unserer bisherigen Instrumente (einschliesslich HARPS), sondern bedeutet dank seiner höheren Präzision und Auflösung eine grosse Wende für die Welt der Planetologie. Es wird mindestens ein Jahrzehnt lang nicht übertroffen werden. Ich kann es kaum erwarten, bis wir unseren ersten Gesteinsplaneten finden werden.” Tatsächlich kann ESPRESSO mit seiner Genauigkeit von zehn Zentimetern pro Sekunde bei der Geschwindigkeit der Sterne (die sich mit mehreren Dutzend Kilometer pro Sekunde bewegen) Planetenmassen messen, die so klein sind wie diejenige der Erde.
Die erste Beobachtung galt dem Stern Tau Ceti. Sie wurde mit dem Teleskop UT1 des VLT durchgeführt. Beobachtungen mit sämtlichen vier Teleskopen folgen später. Die Wetterbedingungen waren gut, der Mond befand sich im ersten Quartal und einige harmlose Zirruswolken überzogen den Himmel. Die Beobachtungen funktionierten auf Anhieb. Die mit ESPRESSO aufgenommenen Spektren haben die gleiche Qualität wie diejenigen von HARPS, wurden jedoch mit wesentlich geringeren Belichtungszeiten gemacht. Gaspare Lo Curto, der Leiter der ESO-Instrumente, lobt die ESPRESSO-Mitarbeiter: “Sie haben nicht nur den Spektrographen perfekt installiert, sondern auch die Optik, die das Licht der Teleskope zum Gerät transportiert, und die sehr komplex ist.“
Obwohl ESPRESSO für die Jagd nach kleinen Planeten konzipiert und bestimmt ist, wird das Instrument auch andere Anwendungen haben. Es ist das derzeit beste Gerät, um die Unveränderlichkeit der Naturkonstanten vom Urknall bis heute zu testen. Winzige Variationen werden von einigen Theorien vorhergesagt, konnten aber bisher nicht in überzeugender Weise beobachtet werden.
Auch wenn ESPRESSO zurzeit das Nonplusultra der Technologie und Spektrographie ist, spricht man bereits über seinen grossen Bruder HIRES, der im künftigen ESO-Riesenteleskop ELT mit seinem 39-Meter-Durchmesser installiert werden soll. Man erhofft sich bereits die Entdeckung von Gesteinsplaneten, die kleiner als die Erde sind, wie der Mars, und wer weiss – vielleicht wie der Mond?