Ein goldenes Zeitalter für Planetenforschung
Der Nationale Forschungsschwerpunkt PlanetS befindet sich nun in einer zweiten Phase von vier Jahren. Ende Januar 2019 versammelten sich 122 Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen von PlanetS, um das bisher Erreichte und neue Projekte zu diskutieren.
Forschungsinitiativen wie PlanetS sind zeitlich beschränkte Projekte. Der Schweizerische Nationalfonds SNF fördert die Nationalen Forschungsschwerpunkte (NFS) für einen Zeitraum von vier Jahren. Dann entscheidet er nach einer gründlichen Überprüfung unter Einbeziehung internationaler Experten, ob das Programm fortgesetzt wird und wie viel Mittel für eine nächste Phase bereitgestellt werden – ein Verfahren, das die Forschenden erheblich unter Druck setzt. Kein Wunder, dass PlanetS-Direktor Willy Benz hoch erfreut war, als er Mitte Dezember 2019 die gute Nachricht erhielt, dass PlanetS bis 2022 fortfahren kann und dies sogar mit einem kleinen Bonus. «Offensichtlich waren die internationale Expertenkommission sowie der SNF mit uns zufrieden», fasste er an der PlanetS-Generalversammlung Ende Januar in Beatenberg zusammen.
Ein grosses Ereignis für die Astronomen war 2018 der Erfolg von ESPRESSO, dem neuen hochauflösenden Spektrographen, den ein Konsortium unter der Leitung des Astronomischen Observatoriums der Universität Genf entwickelt und am Very Large Telescope VLT der ESO in Chile installiert hatte. Zum ersten Mal wurde das Licht aller vier 8,2-Meter-Teleskope zu einem einzigen Instrument zusammengeführt: ESPRESSO. Damit entsprach das VLT einem 16-Meter-Teleskop –das mit Abstand grösste optische Teleskop überhaupt. Schon zu Beginn des Baus der Paranal-Sternwarte plante die ESO, das Licht aller vier Teleskope für Interferometrie zu kombinieren, dies war jedoch das erste Mal, dass das Licht im inkohärenten Fokus eines VLT-Instruments kombiniert wurde.
Der Bau eines weiteren, neuen Instruments wurde 2018 abgeschlossen: CHEOPS, ein Satellit, der Radien bekannter Planeten mit hoher Präzision messen wird, steht nun bei Airbus in Madrid. Noch dieses Jahr wird er zum europäischen Weltraumbahnhof in Kourou, Französisch-Guyana, transportiert. Der erste Forschungssatellit unter gemeinsamer Führung der Schweiz und der ESA soll zwischen dem 15. Oktober und 14. November 2019 abheben. «Der Bau wurde innerhalb des Budgets abgeschlossen und wir sind bereit für die erste Startmöglichkeit als zweiter Passagier», sagte Willy Benz, der die Federführung der Mission hat: «Und die Tests zeigen, dass CHEOPS zumindest im Labor weit innerhalb der Spezifikationen liegt.» Für den Bau des Satelliten wurde zwar kein Nationalfonds-Geld verwendet, eine Plattform von PlanetS wird aber eine gut sichtbare, koordinierte wissenschaftliche Nutzung von CHEOPS gewährleisten. «An der nächsten Generalversammlung werden wir die ersten Daten haben – wenn alles gut läuft», sagte Willy Benz.
Von Meteoriten bis zu maschinellem Lernen
Um die Synergien zwischen den verschiedenen Forschungsgruppen zu optimieren und die Organisation flexibler zu machen, beschloss der PlanetS-Vorstand zum Start der Phase 2 eine Umstrukturierung der Forschung in drei Bereiche. “Early stages of planet formation» – «Frühstadien der Planetenentstehung» lautet der Titel des ersten Bereichs. In dessen Rahmen beschäftigt sich eine Forschungsgruppe mit Beobachtungsdaten von Scheiben um junge Sterne, in denen Planeten entstehen. Eine andere erstellt 3-D-Simulationen mit einem der weltweit leistungsfähigsten Supercomputer am CSCS in Lugano. Darüber hinaus untersuchen Teams in Zürich und Bern sogenannte Chondren, die Hauptbestandteile primitiver Meteoriten; und sie entwickeln neue Experimente, um die Strömungsinstabilität zu untersuchen, die kleine Körper zusammenbringt und so die ersten Planetenbausteine bildet. «Unser Ziel ist es, die erste Million Jahre der Planetenentstehung zu erforschen», erklärte Lucio Mayer von der Universität Zürich, der Sprecher von Bereich 1. Die PlanetS-Forschenden hoffen, durch die Integration der verschiedenen Ansätze ein besseres Verständnis dafür zu erhalten, wie am Anfang Partikel bis zu Metergrösse entstanden, was immer noch ein Rätsel ist.
Bereich 2 beschäftigt sich mit «Planetary systems architectures, formation and evolution» – der Architektur, Bildung und Entstehung von Planetensystemen. «Wir befinden uns jetzt in einem goldenen Zeitalter mit neuen Instrumenten am Boden und im Weltraum», sagte Stéphane Udry, Co-Direktor von PlanetS. Diese grossen und präzisen Werkzeuge ermöglichen es, die Vielfalt der Planeten und Systeme zu erforschen und Vorhersagen über deren innere Struktur zu machen, je nach der Umgebung bei ihrer Entstehung und Entwicklung. Parallel dazu untersuchen Theoretiker ähnliche Themen mit Hilfe von Modellen und Computersimulationen. Um die riesigen Datenmengen zu verarbeiten, entwickeln die Wissenschaftler statistische Techniken, die von maschinellem Lernen und «Big Data Science» inspiriert sind. Aber so wichtig diese einzelnen Studien auch sind, die Verbindung zwischen Theorie, Beobachtungen und Labor bleibt ein Schwerpunkt im Rahmen von PlanetS.
«Atmospheres, surfaces, and interiors», «Atomsphären, Oberflächen und das Innere» sind die Themen des dritten Bereichs. Dazu gehört auch die Fernerkundung von Objekten im Sonnensystem. Derzeit umkreist und beobachtet die in Bern gebaute Kamera «CaSSIS» den Mars an Bord des ExoMars Trace Gas Orbiter (TGO) der ESA. «Der Nationale Forschungsschwerpunkt PlanetS war eine grosse Hilfe für das CaSSIS-Instrument», sagte Nicolas Thomas, der für den Bau der Marskamera verantwortlich war: «Wir haben bereits Tausende von Stereo-Bildern und viel Publizität von der ESA erhalten.»
Nicht alle Projekte in Bereich 3 werden von PlanetS finanziert, einige fördert der Europäische Forschungsrat (ERC), andere unterstützt der Nationalfonds über spezielle Professuren. Mit der neuen Struktur ist es einfacher, fremdfinanzierte Forschungsgruppen einzubeziehen, was wichtig ist, da der Forschungsschwerpunkt spätestens 2026 nach drei Phasen endet. «Wir wollen PlanetS in ein Schweizerisches Institut für Planetenwissenschaften (SIPS) überführen, das die Aktivitäten über die Laufzeit von PlanetS hinaus fortführen wird», erklärte Willy Benz. Ein solcher Übergang wird keine leichte Aufgabe sein, aber alle beteiligten Institutionen (die Universitäten Bern, Genf, Zürich und ETH Zürich) sind bereit darüber zu diskutieren, wie dies erreicht werden kann.