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Mit realen Daten studieren und spielen

Was motiviert Studierende mehr, als an der Forschung teilzunehmen und vielleicht eine richtige Entdeckung zu machen. Dies ist, was die Universität Genf mit ihrem «Massive Online Open Course», kurz MOOC über Exoplaneten beabsichtigt. Als dieser Onlinekurs 2015 erstmals durchgeführt wurde, war er mit 20’000 Teilnehmern überaus erfolgreich – eine wichtige Zahl, die Begeisterung weckte. «Wenn man die Zeit all dieser Leute dazu benutzen könnte, reale Daten zu bearbeiten, könnten die Wissenschaftler Analysezeit gewinnen», überlegte Pablo Achard, Vizedirektor der Universität Genf: «Etwa so wie beim SETI@home-Programm, aber anstelle der Computer der Teilnehmer würde unser MOOC deren Gehirn benützen.»

Die Universität beauftragte darauf ein lokales Startup-Unternehmen, ein Projekt zu entwickeln. Bernard Revaz und Attila Szantner, Gründungsmitglieder von MMOS, einem Start-up, das sich auf die Verknüpfung von Forschung und Videospielen spezialisiert hat, nahmen Daten des Kepler-Satellits und machten sie durch den Onlinekurs «MOOC Exoplanets» verfügbar. Die Idee ist, die Lichtkurven von Tausenden von Sternen, aufgezeichnet durch den Satelliten, abzubilden. Die Studierenden sollen dann nach möglichen Transiten suchen. Die Angaben der Studierenden werden verglichen und wenn eine Mehrheit denkt, dass bei einem bestimmten Stern tatsächlich ein Transit stattgefunden hat, wird dieses Resultat an die PlanetS-Forscher übermittelt. «Dies ist ein Versuchsballon. Obwohl die Kepler-Daten bereits von NASA-Algorithmen analysiert wurden, haben sie den Vorteil, Lichtkurven zu liefern, die ins MOOC integriert werden können», erklärt Pablo Achard. «Längerfristig sind wir daran interessiert, die künftigen NGTS-Daten auf die gleiche Weise auszuwerten.»

Astronomen von PlanetS finden den Ansatz sehr interessant. «Es ist eine grossartige Möglichkeit, Studierende zu motivieren», sagt Stéphane Udry: «Wenn ein neuer Planet mit Hilfe dieses Vorgehens entdeckt wird, kann man den Studierenden ermöglichen, physikalische Messungen am entdeckten Objekt durchzuführen: die Dauer des Transits, die Frequenz, die Anzahl Planeten», ergänzt der Co-Direktor des Forschungsschwerpunkts. All dies erlaubt es ihnen, die Arbeit der Forschenden und die zugrunde liegende Physik besser zu verstehen.

Die Kepler-Lichtkurven mussten angepasst werden, damit sie für Anfänger verständlich und brauchbar sind. Dies bedingte einen grossen Aufwand bei Layout und Programmierung. Die Universität investierte deshalb 130’000 Franken in das Projekt. Nach einigen Runden zwischen den Designern des MOOC und den Programmierern von MMOS ist der Kurs nun bereit, online geschaltet zu werden. «Die Investition ist es wert und wird die internationale Sichtbarkeit der Universität Genf sowie des Forschungsschwerpunkts PlanetS stärken», sagt Pablo Achard zufrieden.

Die MMOS-Partner denken bereits an eine weitere Möglichkeit, wissenschaftliche Daten in Videospiele zu integrieren. «Da sprechen wir nicht mehr von 20’000 Nutzern», meint Bernard Revaz von MMOS begeistert: «Sondern von vielen Millionen, die weltweit die Exoplanetenforschung im allgemeinen und den Forschungsschwerpunkt PlanetS im besonderen kennenlernen würden.» Die Idee ist, die Analyse der Sternlichtkurven im galaktischen Eroberungsspiel «EVE online» zu integrieren. «Wenn ein Spieler sich eine Lichtkurve anschaut, könnten wir ihn fragen, ob er bei einem Planetensystem ist, ob es bewohnbar ist, ob er eine Kolonie aufbauen kann, usw.», erklärt Bernard Revaz: «Wir würden so eine Analyse von Zehntausenden von Spielern erhalten, die den Astronomen helfen könnte, neue Objekte zu entdecken.»

Stéphane Udry ist fasziniert. Er sieht in diesem spielerischen Ansatz von «Citizen Science» oder Bürgerwissenschaft nicht nur einen Weg, um tausende Augen für die Datenanalyse zu gewinnen, sondern auch einen ausgezeichnete Möglichkeit, eine Bevölkerungsschicht zu sensibilisieren, die sich zwar für die Weltraumforschung interessiert, aber nicht immer Zugriff zum Fortschritt der Astronomie hat.

Bildschirmfoto 2016-11-25 um 12.18.40MOOC

Ein «Massive Online Open Course» ist ein kostenloser und freizugänglicher Kurs, der im Internet übertragen wird. Die Teilnehmer müssen keine Voraussetzungen erfüllen. Nur die (fakultative) Ausgabe von Zertifikaten kann verrechnet werden. Ein MOOC besteht aus drei Teilen: Videolektionen, Übungen und Tests sowie Werkzeugen für Studenteninteraktionen. Ein MOOC dauert zwischen 4 und 12 Wochen. In den vergangenen Jahren hat die Universität Genf MOOCs in verschiedenen Studiengebieten angeboten, beispielsweise in Recht, Medizin, Theologie und natürlich Naturwissenschaften.

 

 

 

 

The Next-Generation Transit Survey (NGTS) at ParanalNGTS

«New Generation Transit Survey» ist das neue Instrument, aufgebaut von der Europäischen Südsternwarte ESO, um Transite von Exoplaneten zu entdecken. Es handelt sich um ein Netzwerk von 12 automatisierten Teleskopen mit einem Durchmesser von jeweils 20 cm, installiert beim VLT auf dem Paranal in Chile. Entwickelt wurde das Instrument von einem europäischen Konsortium, bestehend aus der Schweiz (Universität Genf), Grossbritannien und Deutschland. Die Teleskope können Hunderttausende von Sternen beobachten und Exoplaneten aufspüren, die 2 bis 8 Mal grösser sind als die Erde. Ein Grossteil der Transite kann nicht automatisch entdeckt werden, sondern benötigt das menschliche Auge.

 

 

 

 

Teaser_MOOCEVE Online

EVE Online ist ein Online-Rollenspiel (Massively-Multiplayer-Online-Game, MMO) mit Schauplatz Weltraum. Es wurde von der isländischen Firma CCP entwickelt und 2003 herausgegeben. Im Spiel, das in einen Weltraumsimulator eingebettet ist, geht es um Handel und Macht. Das Universum von EVE Online umfasst 8000 Sonnensysteme, die in 64 Regionen gruppiert sind. Spieler können mit Hilfe von «Jump Gates» zu den Systemen reisen. Die verschiedenen Systeme umfassen normalerweise Planeten und Monde sowie Stationen, wo der Spieler parkieren kann. Spielerteams können Basisstationen aufbauen, um zu forschen, Güter zu produzieren oder Bergbau zu betreiben. NGTS-Daten könnten beispielsweise dazu dienen, zu entscheiden, ob ein Planet oder Mond bewohnbar ist oder nicht.

 

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