Verblüffende Wetterberichte
Der Himmel ist wolkenlos auf Exoplanet HAT-P-11b, während auf HD 189733 b in grosser Höhe heftige Stürme toben. Die ausgefeilten Instrumenten auf der Erde und im Weltraum ermöglichen den Astronomen heute nicht nur die Entdeckung neuer Exoplaneten, sondern geben auch Einblicke in die Atmosphäre dieser fernen Welten. Man hofft sogar, dereinst in exoplanetaren Atmosphäre Lebenszeichen nachzuweisen.
Das Sternbild Schwan findet man im Sommer leicht am Nordsternhimmel. Dort draussen, 120 Lichtjahre von uns entfernt, umkreist ein Planet, der etwas grösser ist als Neptun, einen Stern, der etwas weniger Masse hat als unsere Sonne. Der Exo-Neptun ist sehr nahe bei seinem Mutterstern und braucht deshalb nur fünf Tage für einen Umlauf. «Es handelt sich um ein ziemlich warmes Objekt, rund 600 Grad heiss», sagt Kamen Todorov, Forscher an der ETH-Zürich und Mitglied von PlanetS. Ein Netzwerk aus kleinen Teleskopen auf der Erde, HAT genannt, entdeckte den Exoplaneten 2009. Seither wurde das Objekt von drei Weltraumteleskopen beobachtet: Hubble, Spitzer und Kepler.
Ein internationales Team analysierte die Daten von HAT-P-11b, und fand so kürzlich erstaunliche Details über die Atmosphäre des Exoplaneten heraus: «Erstmals konnten wir auf einem so kleinen Exoplaneten Molekülspuren nachweisen», erklärt Kamen Todorov, der zum Team gehörte. «Bisher waren alle Exoplaneten mit Neptungrösse oder kleiner von dicken Wolken bedeckt.» Deshalb konnte man die Zusammensetzung nicht untersuchen. Aber wie sich herausstellte, ist der Himmel über HAT-P-11b klar, und das Team konnte Wassermoleküle sehen. «Dies ist der bisher kleinste Exoplanet, auf dem ein Molekül direkt nachgewiesen werden konnte – in unserem Fall Wasserdampf», sagt Kamen Todorov.
Ein zweiter blauer Planet
Ein anderes interessantes Objekt namens HD 189733 b umläuft seinen Mutterstern in nur 2,2 Tagen. Da es schon vor zehn Jahren in einer Distanz von «nur» 63 Lichtjahren entdeckt wurde, hat man es inzwischen intensiv untersucht. Ohne den Exoplaneten direkt zu sehen, konnten die Astronomen dessen Farbe bestimmen: Er ist blau wie die Erde, aber viel grösser, vergleichbar mit Jupiter, und heiss: «Wir haben ein weit präziseres Temperaturprofil dieser weit entfernten Atmosphäre erstellt, als dies bisher möglich war», sagt Aurélien Wyttenbach, Forscher und Mitglied von PlanetS an der Universität Genf. Die Temperatur steigt mit der Höhe und erreicht mehr als 3000 Grad Celsius. Aufgrund der vielen Daten, die über Jahre gesammelt wurden, fand das Genfer Team auch heraus, dass stürmische Winde von der heissen Tag- auf die kalte Nachseite wehen und dies mit Geschwindigkeiten von mehreren Kilometern pro Sekunde.
«Diese Entdeckungen markieren den Beginn der exoplanetaren Meteorologie», sagt Kevin Heng, Professor an der Universität Bern und Leiter eines PlanetS-Projekts, das zum Ziel hat, die Zusammensetzung und Dynamik der Atmosphären von Exoplaneten zu berechnen. Während vor Jahren allein die Entdeckung eines neuen Exoplaneten einen Höhepunkt darstellte, können die Astronomen heute bei vielen Objekten verschiedene Eigenschaften beschreiben. Erstaunlicherweise ist dies möglich, ohne ein Bild dieser Exoplaneten zu haben. Denn bisher konnten nur einige wenige direkt abgebildet werden.
Ferne Sonnenfinsternisse beobachten
Die ersten Exoplaneten wurden entdeckt, weil sie aufgrund der Schwerkraft ihren Mutterstern zum Torkeln bringen. Die Schwankungen in der Radialgeschwindigkeit des Sterns kann mit einem Spektrographen gemessen werden, indem man den gleichen Doppler-Effekt nutzt, der bewirkt, dass der schrille Ton einer Ambulanz absinkt, wenn der Wagen vorbeifährt. Das Signal enthüllt auch die Masse des Exoplaneten. Falls die Umlaufbahn des Exoplaneten so liegt, dass sie von der Erde aus gesehen vor dem Stern hindurchführt, kommt es zu einer Finsternis, wenn der Exoplanet bei einem so genannten Transit vor dem Stern durch läuft. Der winzige Helligkeitsabfall des Sternenlichts ist messbar und gibt die Grösse des Exoplaneten preis.
Kombiniert man Grösse und Masse, lässt sich die Dicht einfach berechnen. Dies gibt Hinweise auf die chemische Zusammensetzung und zeigt, ob der Planet aus Gestein besteht wie die Erde oder der Mars, oder ob er gasförmig ist und den Riesenplaneten in unserem Sonnensystem gleicht. Die Details über die Atmosphären der Exoplaneten erfahren die Astronomen, indem sie die fernen Eklipsen untersuchen, wenn das Objekt vor dem Stern vorbeizieht oder hinter ihm verschwindet. Diese relative neue Methode wird Transit-Spektroskopie genannt. «Indem man Transite und Eklipsen bei verschiedenen Wellenlängen misst, kann man ein Spektrum der exoplanetaren Atmosphäre konstruieren», erklärt Kevin Heng. «Eine Spektralanalyse ergibt dann die Zusammensetzung und Elementenhäufigkeit.»
Überraschungen garantiert
Molekularer Sauerstoff oder Ozon in der Atmosphäre eines Exoplaneten könnte ein Hinweis auf Leben sein, auch wenn dies kein definitiver Beweis dafür wäre. Bisher haben die Astronomen noch keinen Zwilling der Erde gefunden – also einen etwa gleich grossen Exoplaneten, der in der richtigen Distanz um einen sonnenähnlichen Stern kreist, so dass es nicht zu heiss oder zu kalt ist für flüssiges Wasser. Aber unter den fast 2000 fernen Welten, die bis anhin aufgespürt wurden, gibt es die unterschiedlichsten Varianten – Gesteinsplaneten, Eisriesen oder Mini-Sonnensysteme mit kleinen Planeten, sehr nahe an ihrem Mutterstern, aber auch Himmelskörper, die um zwei Sonnen kreisen, wie Tatooine, die Heimat von Luke Skywalker. «Unsere Studie bestätigt, dass es eine unglaubliche Vielfalt von Planeten gibt», sagt Kamen Todorov. «Häufig denken wir einen Trend zu sehen – dass beispielsweise heisse Neptune dicke Wolken hätten -, doch dann entdecken wir, dass uns eine neue Überraschung erwartet.» (bva)
http://nccr-planets.ch/news-clear-skies-high-humidity-exo-neptune/
http://nccr-planets.ch/hot-and-stormy-at-high-altitudes/
http://www.americanscientist.org/issues/feature/the-study-of-climate-on-alien-worlds/1
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