Weltraumteleskop CHEOPS ist bereit für Wissenschaftsbetrieb
Nächster Meilenstein für CHEOPS: Nach umfangreichen Tests in der Erdumlaufbahn, die wegen der Coronakrise vom Missionspersonal teilweise vom Homeoffice aus durchgeführt werden mussten, wurde das Weltraumteleskop für wissenschaftsreif erklärt. CHEOPS steht für «CHaracterising ExOPlanets Satellite» und dient der Untersuchung bereits bekannter Exoplaneten, um unter anderem zu bestimmen, ob auf ihnen lebensfreundliche Bedingungen herrschen.
CHEOPS ist eine gemeinsame Mission der Europäischen Weltraumorganisation (ESA) und der Schweiz unter Leitung der Universität Bern in Zusammenarbeit mit der Universität Genf. Am Mittwoch, 25. März 2020 erklärte die ESA nach fast drei Monaten umfangreicher Tests und mitten in der Ausgangssperre zur Eindämmung des Coronavirus das Weltraumteleskop CHEOPS für wissenschaftsreif. Mit diesem Erfolg übergab die ESA die Verantwortung für den Betrieb von CHEOPS an das Missionskonsortium, das sich aus Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern und aus Ingenieurinnen und Ingenieuren von rund 30 Institutionen aus 11 europäischen Ländern zusammensetzt.
Erfolgreicher Abschluss der CHEOPS-Testphase trotz Coronakrise
Der erfolgreiche Abschluss der Testphase erfolgte in einer sehr herausfordernden Zeit, in der der fast das gesamte Missionspersonal seine Arbeit im Homeoffice verrichten musste. «Möglich wurde der Abschluss der Testphase nicht zuletzt dank dem vollen Einsatz aller Beteiligten und durch die Tatsache, dass die Mission über eine weitgehend automatisierte Betriebskontrolle verfügt, die es ermöglicht, auch von zu Hause aus Befehle zu senden und Daten zu empfangen», sagt Willy Benz, Astrophysikprofessor an der Universität Bern und Hauptverantwortlicher des CHEOPS-Konsortiums..
Von Anfang Januar bis Ende März testete und kalibrierte ein Team von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern, Ingenieurinnen und Ingenieure, Technikerinnen und Techniker CHEOPS ausgiebig. «Wir waren begeistert, als wir feststellten, dass alle Systeme wie erwartet oder sogar besser als erwartet funktionierten», erzählt die CHEOPS-Instrumentenwissenschaftlerin Andrea Fortier von der Universität Bern, die das Inbetriebnahme-Team des Konsortiums leitete.
Hohe Anforderungen an Messgenauigkeit
Das Team konzentrierte sich zunächst auf die Beurteilung der photometrischen Leistungen des Weltraumteleskops. CHEOPS ist als Gerät von extremer Präzision konzipiert worden, das in der Lage ist, Exoplaneten von der Grösse der Erde zu entdecken. «Der kritischste Test bestand darin, die Helligkeit eines Sterns auf eine Abweichung von 0,002% (20 Millionstel) genau zu messen», erklärt Willy Benz. Diese Präzision ist erforderlich, um die Verdunkelung durch den Durchgang eines erdgrossen Planeten vor einem sonnenähnlichen Stern (ein als «Transit» bezeichnetes Ereignis, das mehrere Stunden dauern kann), gut zu erkennen. CHEOPS sollte auch demonstrieren, dass es dieses Niveau an Präzision während zwei aufeinanderfolgenden Tagen halten könnte.
CHEOPS übertrifft Anforderungen
Um dies zu verifizieren, zielte das Team auf einen Stern namens HD 88111. Der Stern liegt 175 Lichtjahre von der Erde entfernt im Sternbild Hydra, und es ist nicht bekannt, ob ein Planet um ihn kreist. CHEOPS nahm alle 30 Sekunden während 47 aufeinanderfolgenden Stunden ein Bild des Sterns auf (siehe Abbildung 1), Jedes Bild wurde sorgfältig analysiert, zuerst durch eine spezialisierte automatische Software, dann durch die Teammitglieder, um anhand der Bilder die Helligkeit des Sterns so genau wie möglich zu bestimmen. Das Team erwartete, dass sich die Sternhelligkeit während der Beobachtungszeit aufgrund einer Vielzahl von Effekten etwas verändern würde, wie beispielsweise durch andere Sterne im Sichtfeld, durch leichte Zitterbewegungen des Satelliten oder durch den Einfluss der kosmischen Strahlung auf den Detektor.
Die Helligkeit des Sterns, die aus den 5’640 von CHEOPS über 47 Stunden aufgenommenen Bilder bestimmt wurde, ist in Abbildung 2 als «Lichtkurve» dargestellt. Die Kurve zeigt die durchschnittliche Veränderung in den Messungen der Helligkeit, deren mittlere quadratische Abweichung 0,0015% (15 Millionstel) beträgt. «Die von CHEOPS gemessene Lichtkurve war somit erfreulich flach. Das Weltraumteleskop übertrifft damit die Anforderung, die Helligkeit auf eine Abweichung von 0,002% (20 Millionstel) genau messen zu können», sagt der CHEOPS Mission Manager Christopher Broeg von der Universität Bern.
Ein Exoplanet, der schwimmen würde
Das Team beobachtete zahlreiche weitere Sterne, darunter einige, von denen bekannt ist, dass Planeten um sie kreisen, sogenannte Exoplaneten. CHEOPS zielte auf das Planetensystem HD 93396, das 320 Lichtjahre von uns entfernt im Sternbild der Sextans liegt. Dieses System besteht aus einem riesigen Exoplaneten namens KELT-11b, der 2016 entdeckt wurde und der in 4,7 Tagen den Stern HD 93396 umkreist. Der Stern ist fast dreimal so gross wie die Sonne.
Das Team wählte dieses spezielle System, weil der Stern so gross ist, dass der Planet lange braucht, um vor ihm vorbeizuziehen, nämlich fast acht Stunden. «Dies gab CHEOPS die Gelegenheit, seine Fähigkeit zu demonstrieren, lange Transitereignisse einzufangen. Diese sind vom Boden aus nur schwer zu beobachten sind, weil die Nächte, in denen es möglich ist, acht Stunden lang mit hoher Qualität zu beobachten, sehr selten sind», erklärt Didier Queloz, Professor am Departement für Astronomie an der Naturwissenschaftlichen Fakultät der Universität Genf und Sprecher des CHEOPS-Wissenschaftsteams. Die erste Transitlichtkurve von CHEOPS ist in Abbildung 3 dargestellt; der durch den Planeten verursachte Einbruch in der Kurve tritt etwa neun Stunden nach Beginn der Beobachtung auf.
Der von CHEOPS gemessene Transit von KELT-11b erlaubte es, die Grösse des Exoplaneten zu bestimmen. Er hat einen Durchmesser von 181’600 km, den CHEOPS mit einer Genauigkeit von 4’290 km messen kann. Der Durchmesser der Erde beträgt nur etwa 12’700 km, derjenige des Jupiters dagegen – des grössten Planeten unseres Sonnensystems – 139’900 km. Der Exoplanet KELT-11b ist also grösser als Jupiter, mittlerweile ist er aber fünfmal weniger massiv als dieser, was eine extrem geringe Dichte bedeutet: «Dieser Exoplanet würde in einem Aquarium schwimmen, das gross genug ist», sagt David Ehrenreich, CHEOPS-Projektwissenschaftler von der Universität Genf. Die geringe Dichte wird der Nähe zwischen diesem Exoplaneten und seinem grossen Stern zugeschrieben. Abbildung 4 zeigt eine Skizze des ersten von CHEOPS erfolgreich beobachteten Transitplanetensystems.
Diese Messungen von CHEOPS seien fünfmal genauer als solche von der Erde aus, sagt Benz. «Dies gibt einen Vorgeschmack, was wir mit CHEOPS in den kommenden Monaten und Jahren erreichen können», so Benz weiter.