„Rosetta hat einen interessanten Ort zum Sterben gefunden“
An der Universität Bern verfolgten ungefähr 300 Gäste und die Schweizer Medien das Ende der Sonde Rosetta, die gezielt auf den Kometen Churyumov-Gerasimenko abstürzte.
Universität Bern, 30. September 2016, 13:17 MESZ: In einem grossen, bis auf den letzten Platz gefüllten Hörsaal werden die Forscher und Vortragenden Nicolas Thomas und Martin Rubin langsam nervös. Sie blicken auf das Fernsehbild, das aus dem Kontrollzentrum der europäischen Raumfahrtorganisation (ESOC) in Darmstadt übertragen wird. Es zeigt eine Kurve mit einer deutlichen Spitze in der Mitte – das Zeichen, dass Rosetta noch am Leben ist. In einer Minute sollte die Sonde auf ihrem Kometen aufprallen und die Kurvenspitze verschwinden.
13:18 MESZ: Nichts passiert. „Komm schon!“ ruft Nicolas Thomas. Zusammen mit seinem Team analysiert er Bilder des OSIRIS-Kamerasystems an Bord von Rosetta, während Martin Rubin zur Gruppe gehört, die das ROSINA-Instrument baute, mit dem die Zusammensetzung des Kometen bestimmt wird. Fernseh- und Fotokameras sind auf die beiden Forscher gerichtet – bereit, grosse Emotionen einzufangen. Vor 40 Minuten hat Kathrin Altwegg, die als Leiterin des ROSINA-Projekts das grosse Finale bei ESOC verfolgt, das Publikum in Bern via Skype informiert, dass die berechnete Absturzzeit eine Unsicherheitsmarge von plus-minus 2 Minuten hat.
13:19 MESZ: Endlich – die Spitze ist weg. „Wir Physiker lieben Knalle“, hat Nicolas Thomas vor einer Stunde gesagt, doch jetzt braucht es etwas Zeit, bis sich das Lachen einstellt. Und obwohl das Publikum applaudiert, scheint eine Art Melancholie in der Luft zu liegen. Schliesslich hat jedermann soeben einen plötzlichen Tod miterlebt. „Aber Rosetta hat einen interessanten Ort zum Sterben gefunden“, tröstet Nicolas Thomas die Gäste und sich selbst.
Tatsächlich zeigt ein erster Blick auf die letzten Bilder eine sehr raue Oberfläche mit vielen kleinen Steinen. „Sie wurden wahrscheinlich durch die Aktivität auf dem Kometen hinaufgeworfen und landeten wieder auf der Oberfläche“, erklärt Nicolas Thomas. Aber nicht nur die Kamera, sondern auch ROSINAs Drucksensor funktionierte perfekt. „Die letzte gültige Messung hat ROSINA ungefähr eine Minute vor dem Absturz gemacht“, sagt Martin Rubin: „Sie zeigt einen Gasdruck von 2,26 x 10-8 Millibar.” Rosettas Daten werden die Wissenschaftler noch über Jahre beschäftigen. Und obwohl die Mission beendet ist, freuen sich die Weltraumforscher in Bern bereits auf einen nächsten Höhepunkt. Am 19. Oktober wird die Sonde ExoMars Trace Gas Orbiter mit dem Berner Kamerasystem CaSSIS an Bord in eine Marsumlaufbahn schwenken. “Die ersten Bilder erwarten wir im November”, erklärt Nicolas Thomas.
Medienmitteilung Universität Bern
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